Das Ufo der Kommunisten
Eine Exkursion zum »Ufo der Kommunisten« inmitten des Balkangebirges zählt zu den ungewöhnlichsten Reisen in Europa. Das auch als Buzludzha-Denkmal bekannte Monument wurde 1981 auf dem Gipfel des 1441 Meter hohen Chadschi Dimitar zu Ehren der sozialistischen Bewegung Bulgariens eröffnet. Hier oben kämpften 1868 die bulgarischen Aufständischen gegen die türkisch-osmanischen Fremdherrscher. Doch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs geriet das imposante Monument, das auch das größte ideologisch motivierte Denkmal des Landes ist, schnell in Vergessenheit. Aber nicht nur Fans von außergewöhnlichen Orten, sondern auch Architekten und Denkmalschützer engagieren sich seit einigen Jahren für den Erhalt bzw. die Sicherung dieses einmaligen Bauwerkes.
[Collage Intro]
Für eine Reise zum Buzludzha-Denkmal (andere Schreibweise: Busludscha, bulgarisch: Паметникът на Бузлуджа) plant man am besten wenigstens eine 2-Tages-Exkursion ein. Denn je nach Ankunftsort in Bulgarien ist mit einer Fahrzeit von mindestens zwei Stunden zu rechnen (ab Airport Plowdiw). Bei einer Anreise aus Sofia oder Varna verlängert sich diese um jeweils eine weitere Stunde. Doch um direkt am Monument einen unbeschreiblichen Sonnenuntergang und am nächsten Tag einen Sonnenaufgang zu erleben, sollte man eine Zwischenübernachtung einplanen. Bei unseren eigenen Reisen sind wir daher auch regelmäßig zwei Nächte vor Ort.
Entlang der beiden Hauptstrecken in das Balkangebirge laden zahlreiche spannende Zwischenziele zu einem Stopp ein. Bei unserer letzten Reise führte die Route von Varna zum Buzludzha-Monument. Nach Stopps am Steinernen Wald (Pobiti Kamani / Побити камъни) sowie in Shumen am Monument »1300 Years of Bulgaria« (Паметник „Създатели на българската държава“) erreichten wir am Nachmittag des ersten Tages unser Hotel in Sichtweite des Denkmals inmitten der Berge. Nachdem wir mit unserer kleinen Gruppe von Foto- und Geschichtsinteressierten die Zimmer bezogen hatten, fuhren diejenigen, die wollten, auch gleich weiter zum Monument. Wenn die untergehende Sonne das architektonisch einmalige Denkmal und die umliegende karge Landschaft in ein rötliches Licht taucht, sollte man noch ausreichend Platz auf der Speicherkarte des Fotoapparates haben.
[Collage Steiner Wald + Shumen]
Unser Guide kannte die besten Fotospots, um das kostbare Licht noch so lang als möglich auszukosten. Nach einer knappen Stunde hatten wir alle gewünschten Motive »im Kasten« und so ging es wieder zurück zum Hotel. Die Einrichtung versprühte noch immer den Glanz der 1980er Jahre, als das Gebäude als Gästeresidenz der Regierung eröffnet wurde. Heute begrüßt das Haus Besucher, die wegen des benachbarten Monuments hierherkommen oder die einfach die umliegende Naturlandschaft genießen wollen. Wenn ihr mich fragt, eines der außergewöhnlichsten Hotels in Bulgarien. Nach einem leckeren Abendessen mit Schopska-Salat und Schaschlickspießen fielen wir alle satt und zufrieden ins Bett, denn am nächsten Morgen wollten wir auch den Sonnenaufgang direkt am Monument erleben. Dazu verabredeten wir uns schon um 5 Uhr. Nach der kurzen Fahrt stand eine rund 20-minütige Wanderung auf den benachbarten Hügel auf dem Programm. Denn von hier aus hatten wir einen sagenhaften Blick auf die aufgehende Sonne und das Buzludzha-Monument. Die weite Landschaft, die Ruhe der Natur und der kühle Wind gaben dem Moment etwas Mystisches. Was für ein Erlebnis.
[Collage Sonnenuntergang]
Bei unserer Rückkehr warteten auch schon heißer Kaffee und ein schmackhaftes Frühstück auf uns. Wenn das nicht eines der idealen Hotels für Fans von außergewöhnlichen Orten ist, aber ich wiederhole mich 😉. Bei unseren Reisen zwischen 2016 und 2018 konnten wir das Monument auch von innen besichtigen. Doch seit der zuständige Verwaltungsbezirk den historischen Wert des Bauwerkes (wieder-)erkannt hat, unterbindet ein in einem Container stationierter Wachmann 24 Stunden am Tag den widerrechtlichen Zutritt zum Monument. Denn nicht nur die Witterung setzte dem Bauwerk zu: Randalierer und Vandalen zerstörten über mehrere Jahre die Einbauten sowie die beiden 360-Grad-Mosaike im äußeren Ring und im Hauptsaal. Daher muss man sich aktuell leider mit Außenaufnahmen zufriedengeben. Wir hoffen, dass wir mit unseren Gruppen bei den Reisen ab Herbst 2021 auch wieder einen kurzen Zutritt in das Bauwerk erhalten können. Seit dem Sommer 2020 engagiert sich ein Team von Denkmalschützern für die Sicherung der beiden Mosaike. Schritt für Schritt soll nun auch die weitere Bausubstanz gerettet und wiederaufgebaut werden. Es gibt Ideen für eine Umnutzung als außergewöhnliches Hotel oder als Museum mit imposantem Aussichtsturm.
[Collage Sonnenaufgang + Blick ins Monument]
Doch keine Sorge! In der Umgebung existieren weitere imposante Ausflugsziele. Nach Absprache der Gruppe sind hier zahlreiche Varianten möglich. Zu den beliebtesten Zielen zählte in der Vergangenheit ein Besuch der Open-Air-Gallery in Staro Zhelezare. Mehrere Künstler verewigten bekannte, aber auch neue Motive auf den Hauswänden oder den massiven Ummauerungen der Grundstücke. Vielfach finden sich auch die Gesichter der Einwohner in den Motiven wieder. Eine großartige Idee, um die Landflucht der Bewohner zu stoppen. Denn das Konzept geht auf. Touristen strömen inzwischen aus ganz Bulgarien hierher und sorgen so für Lohn und Arbeit.
[Collage Staro Zhelezare]
Nach Stopps an zwei weiteren Groß-Monumenten (Kalofer und Stara Sagora) ist man am späten Nachmittag auch schon wieder hoch oben am Buzludhza-Monument. Je nach Witterung und Energie der Gruppe geht es wieder hinauf zum Denkmal. Aber auch der Wellnessbereich des Hotels lädt zu einem erholsamen Besuch ein. Keine Foto-, sondern auf Wunsch auch eine Wellnessreise 😉. Die Kelleretage sollte so oder so besucht werden, denn in einem kleinen Raum informieren mehrere Tafeln über den Bau des Denkmals. Großformatige Fotos zeigen das Aussehen des Monuments nach seiner Fertigstellung. Ein wahrer Geheimtipp für Besucher des Buzludzha-Monuments.
[Collage Kalofer und Stara Sagora]
[Collage Hotel]
Nach der zweiten Nacht kündigt sich auch schon langsam das Ende der Reise an. Der Rückweg ist ebenfalls gespickt mit weiteren Zwischenzielen. Bei der letzten Reise wählten wir eine Strecke nördlich des Gebirges mit einem Zwischenstopp an einem weiteren architektonisch spannenden Relikt der Zeitgeschichte. Das Monument »Arch of Freedom« (Паметник „Арка на свободата“) liegt ebenfalls inmitten der Berge auf einer Höhe von 1520 Metern. Es erinnert an den Sieg der russischen Armee gegen die osmanischen Truppen im Jahr 1878 sowie an die bulgarisch-russische Zusammenarbeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges.
[Collage Arch]
Nach der letzten Fotosession im Balkangebirge führte uns die Fahrt weiter zu einem der ungewöhnlichsten Ziele in Bulgarien. In der Nähe der Stadt Lovech besuchten wir die Devetashka Höhle (Природна забележителност „Деветашка пещера). Sie ist nicht nur die größte Karsthöhle im Land, sondern sie beeindruckt jeden Besucher durch ihr abwechslungsreiches Farb- und Lichtspiel. Weltweite Bekanntheit erlangte die Höhle im Jahr 2011/2012 durch Dreharbeiten für den Actionfilm »Expandables 2«.
[Collage Höhle]
Nach zwei weiteren Stunden Fahrzeit trafen wir zur letzten Übernachtung dieses außergewöhnlichen Roadtrips durch Bulgarien ein. Das Hotel lag am Rande eines großen Parkes. Hier konnte man abermals entscheiden, ob man die Abendstunden im hoteleigenen Restaurant verbringt oder ob man noch mit dem Guide zu einem Fotowalk durch die Innenstadt Sofias aufbricht. Nach einer Fahrt mit der Metro ist diese auch schon nach wenigen Minuten erreicht. Ausgehend vom riesigen Kulturpalast führte uns eine spannende Fotoexkursion zu zahlreichen imposanten Bauten aus der sozialistischen Ära Bulgariens. Auf der Hauptpromenade der Stadt konnten wir auch noch das letzte echte bulgarische Essen der Reise genießen.
[Collage Stadt]
Am letzten Tag der Reise sollte man seinen Rückflug – sofern möglich – auf den Nachmittag des Tages legen, denn unser Guide kann noch viele spannende Dinge in Sofia zeigen. Im »Museum der sozialistischen Kunst« erinnern auf dem Außengelände zahlreiche Skulpturen und Denkmäler an die Zeit des Kommunismus/Sozialismus des Landes. Im Inneren informieren wechselnde Sonderausstellungen über weitere Aspekte aus der Zeit des Kalten Krieges. Im Anschluss führte uns unser Guide zu einem verlassenen Schwimmbadkomplex. Neben zwei riesigen überdachten Becken gab es noch das Freibecken mit den Sprungtürmen und der Tribüne zu bestaunen. Was für ein toller Abschluss einer mehr als eindrucksvollen Reise!
Wie zu erreichen?
Sofern ihr das Buzludzha-Denkmal selbst bereisen wollt, gibt es die Möglichkeit, sich einen Mietwagen an den Airports in Sofia oder Varna auszuleihen. Von Sofia ist das Monument in knapp drei Stunden und von Varna/Goldstrand/Sonnenstrand in rund vier Stunden pro Strecke zu erreichen.
www.check24.de > Mietwagen
Auf Wunsch organisiert das Team um Martin Kaule Tages- und Mehrtagesreisen zum »Ufo der Kommunisten«. An ein bis zwei Terminen im Jahr ist Martin Kaule als Reiseleiter von Studien- und Bildungsreisen selbst vor Ort.
www.martin-kaule.de > Reiseprogramm
Während der Saison kann im Onlineshop auch unabhängig von festen Reiseterminen eine Tagestour (ab/an Sofia oder Varna) gebucht werden. Auf Anfrage sind auch weitere eigene Termine möglich.
www.martin-kaule.de > Terminbuchung
Wo übernachten?
Einen knappen Kilometer Luftlinie entfernt, kann man in Sichtweite des Buzludzha-Monuments im 2017 eröffneten Hotel Edelweiss übernachten, ein umfassend saniertes ehemaliges Gästehaus der kommunistischen Partei Bulgariens.
https://en.hoteledelweiss.bg/
Wo essen?
Sofern man am gleichen Tag wieder zurück nach Sofia oder Varna möchte, empfiehlt sich mindestens ein Besuch des Restaurants im Hotel Edelweiss.
https://en.hoteledelweiss.bg/